Blinde Begeisterung für nostalgische Kutschen

 

Sehbehinderte lernen Museum durch Abtasten und farbige Schilderungen kennen

 

Schwabsoien  -  Ein Museumsbesuch, ohne irgendetwas anschauen zu können? Für die meisten ist das schwer vorstellbar. Nicht jedoch neulich für die Besucher des Kutschenmuseums in Schwabsoien. Sie waren vom Aura-Hotel Saulgrub angereist, einer Anlage, die speziell auf Sehbehinderte und Blinde ausgerichtet ist und abwechslungsreiche Freizeitaktivitäten für diese Menschen anbietet.

 

Durch Abtasten der verschiedenen Kutschen, Schlitten und sonstigen Utensilien, die früher für den Kutschbetrieb nötig waren, konnten sich die Besucher ein Bild von den Ausstellungsstücken machen. Begleitend dazu stellte der Museumsbesitzer Johann Hartmann die alten Fahrzeuge so vor, dass sich auch Nicht-Sehende die vielen Prachtstücke sehr gut vorstellen konnten: " Eine Wiener Fiakerkutsche in Eschenholz, naturfarben", "ein Milchschlitten mit einem Sitz für zwei Leute" oder ""grüner Polsterbezug" - er beschrieb den Zuhörern exakt die verschiedenen Materialien und Farben der einzelnen Fahrzeugteile.

 

Hartmann präsentierte den Gästen unter anderem seine Renn- und Herrschaftsschlitten, einen Landauer in Schiffchenform, einen Münsterländer Pirschwagen und nicht zuletzt eine Menge Gerätschaften und Werkzeuge aus dieser Zeit. Das älteste Fahrzeug in Hartmanns Kollektion ist eine Feuerwehr-Spritze aus dem Jahre 1882.

 

Wie er dann dazu gekommen sei, so viele Kutschen zu sammeln, fragten die Besucher. Hartmann erzählte, wie er zunächst die Gefährte in verschiedenen Bauernhöfen untergestellt hatte, und wie sie sich dann stetig vermehrt hatten. Sein Museum war aus Eigeninitiative entstanden. Die Stücke hatte er mit großem Arbeitsaufwand selbst restauriert. Zu bestimmten Anlässen, etwa Hochzeiten, werden sie auch heute noch eingesetzt.

 

ms  Schongauer Nachrichten vom 27. Juli 2005