Ein Dorf feiert: 950 Jahre Sachsenried

Martin Geisenberger hat im Hauptstaatsarchiv in München gesucht, von Dr. Sigfrid Hofmann erhielt er den entscheidenden Hinweis. Bald darauf  hielt er den Beweis in den Händen: Eine Urkunde von 1059, in der Sachsenried das erste Mal erwähnt wird.

Vor 950 Jahren, am 5. Februar 1059, verlieh König Heinrich der IV. dem Augsburger Bischof Heinrich das Jagdrecht für das kirchliche Gebiet westlich des Lechs. Sachsenried wurde noch als „Sahsenriet“ in der Urkunde bezeichnet.

Die Gemeinde ist allerdings wesentlich älter, davon geht Martin Geisenberger sen. aus. Bereits im achten Jahrhundert begann Karl der Große um 794 Sachsen im Schongauer Land anzusiedeln, um die riesigen Waldgebiete zu roden. Aus dieser Zeit stammt vermutlich auch der Ortsname Sachsenried (ried - roden).

Knapp 200 Jahre dauerte es, bis Sachsenried das zweite Mal in einer Urkunde erwähnt wird. Im Jahr 1218 war die schwäbische Seite des Lechtals vom Kloster Füssen besiedelt. Der damalige Kaiser, Friedrich II., nahm  das Kloster St. Mang in Füssen unter seinen Schutz und setzte es wieder in die Güter Hohenfurch und Sachsenried ein.

300 Jahre später, im Jahr 1546, wurde Magnus Kögel zum ersten Richter in Sachsenried ernannt. Erst im Jahr 1869 trat an die Stelle des ersten Richters der erste Bürgermeister. Bis zur Gebietsreform 1978 blieb Sachsenried eine eigenstädige Gemeinde.

Eines der dunkelsten Kapitel Sachsenrieds begann 1589. In dieser Zeit fanden überall Hexenprozesse statt. Martin Geisenberger schreibt dazu in seinem Buch: „Ein Unwetter in Schwabsoien war der endgültige Auslöser für die Schongauer Hexenprozesse. Insgesamt wurden 63 Frauen grausam gefoltert und hingerichtet.“ Auch Madlena Kelberhansin aus Sachsenried verurteilten die Richter damals zum Tode.

Knapp 40 Jahre später erlebten die Sachsenrieder eine weitere Katastrophe: Der Dreißigjährige Krieg brachte unsägliches Leid über die gesamte Region. In einem Bericht von 1647 soll der damalige Richter an das Kloster St. Mang in Füssen geschrieben haben, dass 34 Ross, drei Füllen, 38 Kühe, 15 Kälber, 19 Schafe, Korn, Heu und Hausrat den plünderten Horden zum Opfer gefallen seien. Auch die Pest wütete zu dieser Zeit in Sachsenried. Der erste Sterbefall wurde am 10. August 1628 in das Sterbebuch der Pfarrei St. Martinus eingetragen. Ende des Jahres sollten 100 Erwachsene und 55 Kinder den Tod finden. Nur wenige der damals 164 Einwohner kamen mit dem Leben davon.

Sachsenried erholte sich von den vielen Tiefschlägen der Geschichte. Heute wohnen in dem kleinen Dorf noch 453 Menschen (Stand Juli 2009). Während die umliegenden Gemeinden immer mehr wuchsen, blieb Sachsenried sein ländlicher Charme erhalten.

Grußwort des Bürgermeisters zur 950 Jahrfeier

Sehr geehrte Sachsenriederinnen, sehr geehrte Sachsenrieder, liebe Festgäste,

unser Ortsteil Sachsenried feiert im Jahr 2009 den 950. Geburtstag.

Zu unserer Geburtstagsfeier darf ich Sie alle recht herzlich begrüßen.

 Im Jahre 1059 wird Sachsenried zum ersten Mal urkundlich erwähnt. In diesen 950 Jahren entwickelte sich die Ortschaft zu einem kleinen "Schmuckkästchen" mit eigener Kultur und einem regen Vereinsleben.

Fast ein Jahrtausend - eine sehr lange Zeit, in der sich der Mensch und vor allem die Technik zunächst langsam aber stetig und in den letzten 100 Jahren rasant entwickelt haben.

Eine Vielzahl der Epochen waren geprägt durch Kriege und Seuchen, die dem Menschen viel Leid zugefügt haben. Denken wir hier nur an den Bauernkrieg (1525), den 30jährigen Krieg (1618 - 1648), den 1. und 2. Weltkrieg und denken wir auch an Hungersnöte und an Krankheiten wie z. B. die Pest (1628), die den Menschen damals in Elend und Schrecken versetzt haben.

Diese Zeiten waren sicherlich schwer zu meistern. Unsere Vorfahren schafften es immer wieder durch einen unbändigen Willen und einer Kraft, die sich auf den Glauben an Gott stützte, um sich neu zu orientieren und wieder etwas aufzubauen.

Wilhelm Syller - Chronist des Amtsbezirkes Schongau beschreibt die Sachsenrieder als ruhig und friedliebend, arbeitsam und mäßig in ihren Genüssen, wohlhabend und gegen jedermann freundlich - aber auch ehrgeizig und selbstsüchtig.

Ferner führt der Chronist weiter aus, dass die damalige Verwaltung der Ortschaft sehr zu wünschen übrig gelassen habe und diese von privaten und verwandtschaftlichen Interessen beeinflusst worden sei. Aus diesem Grund habe die Gemeinde einer fortwährenden Nebenrechnung durch die Staatsaufsichtsbehörde unterlegen.

Dieser Bericht dürfte nicht dafür ausschlaggebend gewesen sein, dass genau 100 Jahre später die Gebietsreform durchgeführt wurde und dadurch Sachsenried die gemeindliche Eigenständigkeit verloren hat.

Diese Zwangsehe wurde am 1. Mai 1978 vollzogen. Die Braut Sachsenried hatte die Wahl zwischen Ingenried und Schwabsoien. Wie es bei Zwangsehen üblich ist, wägte man die wirtschaftlichen Gesichtspunkte ab. Nachdem die Ortschaft ihr Wasser aus Schwabsoien bezog und auch dem Schulverband Schwabbruck-Schwabsoien angehörte, entschied sich die Braut für den Bräutigam Schwabsoien.

Aus dieser Zwangsehe wurde - so glaube ich - eine Interessengemeinschaft und somit eine Vernunftehe.

Sicherlich war es damals nicht einfach, diese gemeindliche Eigenständigkeit herzugeben. Sachsenried hat jedoch in diesen nun fast 31 Jahren seine Dorfstruktur erhalten und auch die Eigenständigkeit des Dorfes bewahrt. Durch die zahlreichen gut geführten Vereine sowohl in Sachsenried als auch in Schwabsoien prägen wir das Profil unserer beiden Ortsteile.

Ich bin davon überzeugt, dass wir uns auf dem besten Weg befinden, eine harmonische und vertrauensvolle Ehe zu führen und auch diesen Zusammenschluss in Eintracht leben können.

Nun wünsche ich Ihnen, liebe Festgäste, schöne Festtage und freue mich schon auf das anstehende Programm.

Mein Dank gilt den örtlichen Vereinen, die dieses Wochenende (7. und 9. August 2009) organisiert haben.

Ihr Konrad Sepp